Anfang 2025 ist die von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach initiierte Krankenhausreform in Kraft getreten und wird nun schrittweise umgesetzt. Ziel der Reform ist es, die Qualität der Versorgung zu verbessern und die Finanzierung der Krankenhäuser nachhaltiger zu gestalten. Diese Veränderungen betreffen nicht nur die Struktur und Arbeitsweise von Kliniken, sondern auch die Vermittlung von medizinischem Personal und Ärztinnen.
In diesem Interview sprechen wir mit Christian Hofmeister, Manager im Bereich Healthcare bei Grafton. Mit seiner langjährigen Erfahrung im Gesundheitswesen gibt er Einblicke, wie sich die Reform auf Kliniken, Ärzte und die Vermittlung von medizinischem Personal auswirkt, sowie welche Chancen und Herausforderungen damit verbunden sind.
Herr Hofmeister, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen. Könnten Sie sich bitte kurz vorstellen und uns etwas über Ihre Tätigkeit als Manager im Bereich Healthcare erzählen?
Ich freue mich auf unser heutiges Interview zu zentralen Themen der deutschen Krankenhauslandschaft. Ganz kurz zunächst zu meiner Person: Nach meinem juristischen Studium war ich unter anderem einige Jahre in der Personalabteilung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf tätig und habe dort wertvolle Erfahrungen innerhalb eines der größten deutschen Krankenhäuser sammeln dürfen.
Seit nunmehr 13 Jahren bin ich in der medizinischen Personaldienstleistung tätig und stehe tagtäglich in Kontakt mit Entscheidungsträgern von Krankenhäusern und Ärzten. Mit meinem Team aus erfahrenen Sales Managern und Recruitern unterstützen wir die Krankenhäuser im gesamten Bundesgebiet dabei ihre ärztlichen Vakanzen und Lücken im Pflegebereich zu besetzen und zu füllen.
Sie sind schon mehrere Jahre in der Branche tätig. Wie hat sich der Markt für die Vermittlung von medizinischem Personal in dieser Zeit verändert?
Zu Anfang meiner Tätigkeit vor über 10 Jahren waren die Krankenhäuser finanziell noch wesentlich besser aufgestellt, als sie es heute sind. Insbesondere im Bereich der Vermittlung von Vertretungsärzten agierten die Kliniken flexibler auf Personalbedarf. Dieses lag insbesondere daran, dass die Interimsärzte freiberuflich und ohne größeren bürokratischen Aufwand als klassische Freiberufler, sogenannte Honorarärzte, agierten. Final ist dieses seit dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 04.06.2019 nicht mehr möglich, da die Rechtsprechung diese Ärzte grundsätzlich als sozialversicherungspflichtig einstuft. Dieses führt dazu, dass auf die Kliniken nun neben dem administrativen Mehraufwand einer temporären Festanstellung auch die erhöhten Kosten durch die Sozialabgaben zukommen.
Auch im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung gab und gibt es immer weitere gesetzliche Einschränkungen wie z.B. die Höchstüberlassungsdauer.
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass
der Bedarf an medizinischen Fachkräften aufgrund des demografischen Wandels immer weiter ansteigen wird.
Die Ansprüche der Arbeitnehmer bzgl. flexibler und familienkonformer Arbeitszeitkonzepte, Gehaltsvorstellungen und Entwicklungsmöglichkeiten stehen hierbei oftmals in einem Spannungsverhältnis zu den Rahmenmöglichkeiten einer Klinik.
Das Thema Krankenhausreform bewegt derzeit viele Kliniken und Beschäftigte. Welche zentralen Veränderungen bringt diese mit sich?
Die Krankenhausreform bringt einschneidende Veränderungen im deutschen Gesundheitswesen mit sich, welche insbesondere die Finanzierung und Struktur der Krankenhäuser betrifft. Die zentrale Neuerung besteht in der Einführung von Leistungsgruppen für Krankenhäuser. Dieses beinhaltet, dass sich Krankenhäuser auf einzelne Fachbereiche spezialisieren sollen. Für die Bereithaltung dieser Spezialleistungen sollen die Krankenhäuser eine Vorhaltevergütung erhalten, was eine Abkehr der bisherigen Fallpauschalenvergütung bedeutet. Finanziert werden soll das gesamte Projekt durch die Länder und die gesetzlichen Krankenkassen, so dass es abzuwarten gilt, in welchen Schritten die tatsächliche Umsetzung erfolgt.
Zudem werden
kleinere Häuser der bisherigen Grund- und Regelversorgung ihr Leistungsspektrum weiter eingrenzen und es wird
vermutlich zu Schließungen vieler Einrichtungen führen. Patienten müssen sich auf deutlich weitere Anfahrtswege zu den spezialisierten Krankenhäusern einstellen.
Inwiefern wird diese Reform die Personalplanung und den Bedarf an Ärzten in Kliniken beeinflussen?
Krankenhäuser müssen das entsprechende Fachpersonal für die Spezialisierungen nachweisen können, um diese medizinischen Leistungen auch anbieten zu können, um somit die Vorhaltevergütungen zu erhalten. Insofern wird der Bedarf an spezialisierten Fachkräften in den spezialisierten Kliniken stark ansteigen.
Für die
kleineren Kliniken ohne bereits vorhandene Spezialisierungen wird es vermutlich immer schwieriger werden gut ausgebildetes Personal zu bekommen, da aufgrund der neuen Kostenvergabe die finanziellen Mittel weiter eingeschränkt werden. Der Anreiz für Mediziner und Pflegepersonal in solchen Häusern tätig zu sein wird vermutlich signifikant sinken.
Was erwarten Sie, wie sich die Reform auf die Arbeitsbedingungen und Karrierechancen für Ärzte auswirken könnte?
An größeren Krankenhäusern wird sich die Konkurrenz erhöhen, Aufstiegschancen verringern sich und es wird voraussichtlich zu einer Art Landflucht der Mediziner kommen. Die Arbeitswege verlängern sich und die Kliniken müssen sich darauf einstellen reizvolle Arbeitszeitmodelle anzubieten.
Welche Herausforderungen sehen Sie für Kliniken, die sich auf die neuen Vorgaben einstellen müssen?
Kleinere Häuser müssen das Leistungsangebot minimieren, erhalten somit weniger Geld und es wird immer schwieriger werden qualifiziertes Personal für sich zu gewinnen.
Die Spezialkliniken hingegen sehen sich einem neuen Konkurrenzkampf ausgesetzt, da sie untereinander im Wettbewerb um die geeignetsten Kandidaten konkurrieren.
Besonders schwierig wird es, in einer zunehmend digitalisierten und vernetzten Umgebung die notwendige Infrastruktur aufzubauen und gleichzeitig eine hohe Behandlungsqualität aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus müssen Kliniken in der Lage sein, flexibel auf Schwankungen in der Patientenzahl und in der Nachfrage nach Fachkräften zu reagieren.
Wie kann eine Personaldienstleistung wie Grafton Kliniken in diesem Wandel unterstützen?
Grafton unterstützt alle Kliniken im Rahmen des Wandels unter anderem durch das bereits vorhandene Netzwerk. Wir können zum einen auf zahlreiche, ausgebildete Fachärzte zurückgreifen, die als Vertretungsärzte tätig sind und eine zügige Lösung für Engpässe anbieten.
Zum anderen bieten wir im Bereich der Direktvermittlung breitgefächertes Headhunting auf bundesweiter Ebene an. Hier sehen wir den großen Vorteil insbesondere für Spezialkliniken, dass Ärzte auch „von weiter weg“ rekrutiert und sie für einen möglichen Umzug begeistert werden können.
Für beide Bereiche gilt, dass wir das Thema Marketing ganz großschreiben. Wir präsentieren unsere Kunden und die zu besetzenden Vakanzen von der besten Seite und nutzen hierbei zahlreiche Tools, die für die Personalgewinnung von wesentlicher Bedeutung sind. So können die Personalabteilungen in Kliniken entlastet werden, zumal diese ja einem gegenseitigem Abwerbeverbot unterliegen. Die eigenständige Suche der Krankenhäuser nach Fachkräften bindet zudem personelle Ressourcen, erfordert eine oftmals dort nicht vorhandene Expertise und kostet viel Geld.
Gibt es spezifische Vorteile für Ärzte, die über einen Personaldienstleister wie Grafton eine Stelle suchen, gerade in Zeiten einer Reform?
Ja, für Ärzte bietet die Zusammenarbeit mit Grafton mehrere Vorteile. In Zeiten der Reform sind die Anforderungen an die Arbeitsweise und die Arbeitszeiten individueller geworden, und viele Ärzte suchen nach Arbeitsplätzen, die besser zu ihrer Lebenssituation passen. Wir bieten unseren Ärzten die Möglichkeit, Stellen zu finden, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen – sei es hinsichtlich der Arbeitszeit, der Spezialisierung oder der Region. Zudem haben sie Zugang zu exklusiven Stellenangeboten und können von unserem Netzwerk und unserer Expertise in der Branche profitieren.
Wie bewerten Sie die Rolle der Digitalisierung und innovativer Technologien bei der Umsetzung der Reform und der Vermittlung von medizinischem Fachpersonal?
Die Rolle der Digitalisierung und Nutzung innovativer Technologien spielt hier eine sehr entscheidende Rolle. Sie ermöglichen eine effizientere Verwaltung von Patienten und Ressourcen, eine bessere Kommunikation und eine bessere Datentransparenz.
Sowohl die Bewerbersuche als auch der Bewerbungsprozess müssen noch verstärkter mit digitalen und innovativen Medien in Verbindung gebracht werden. Beispiel: Digitale Interviews via Teams/Skype müssen standardisiert werden, um den Vermittlungsprozess so unkompliziert wie möglich zu gestalten. Durch die bundesweite Ansprache an Kandidaten und längeren Anfahrtswegen zu den Spezialkliniken wird es nicht immer möglich sein, dass Bewerber zu persönlichen Gesprächen vor Ort erscheinen.
Trotz aller technischer Neuerungen spielt jedoch meiner Ansicht nach der direkte Kontakt zwischen Vermittler und Arzt einerseits, wie zwischen Krankenhaus und Vermittler andererseits eine übergeordnete Rolle.
Nur wer sich mit dem einzelnen Menschen und dessen Lebenssituation auseinandersetzt, wird auch in der Lage sein die bestmögliche Position für ihn zu finden.
Wo sehen Sie die größten Chancen für Kliniken, um gestärkt aus dieser Reform hervorzugehen?
Kliniken, die es schaffen, ihre Prozesse zu optimieren und ein gutes Arbeitsumfeld für ihre Ärzte und Pflegekräfte zu schaffen, werden in der Lage sein, sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren. Durch die Reduzierung der Leistungsangebote, sowie der Schließung vieler Krankenhäuser schwemmen einige Fachkräfte auf den Markt, welche nunmehr nach geeigneten Positionen suchen.
Wie möchten Sie und Ihr Team Kliniken und Ärzte in der kommenden Zeit konkret unterstützen, um die Herausforderungen der Reform zu meistern?
Wir möchten Kliniken und Ärzten helfen, die Reform erfolgreich zu meistern, indem wir maßgeschneiderte Lösungen bieten, die sowohl den Personalbedarf decken als auch eine hohe Qualität der Versorgung sicherstellen. Dabei setzen wir auf eine enge Zusammenarbeit mit den Kliniken, um die spezifischen Bedürfnisse zu verstehen und darauf basierend Personal zu vermitteln.
Für Ärzte bieten wir gezielte Karriereberatung und Unterstützung bei der Suche nach passenden Stellen, die sowohl ihren fachlichen Qualifikationen als auch ihren persönlichen Bedürfnissen gerecht werden.
Wir gehen mit ihnen gerne in den direkten Austausch und suchen passende Vakanzen oder bei Interesse Vertretungsarzteinsätze, die auf den jeweiligen Arzt zugeschnitten sind. Wir verfügen über ein sehr gutes Kundennetzwerk auf bundesweiter Ebene und haben zudem einen hervorragenden Marktüberblick.